Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) tritt ab dem 1. Januar 2023 für deutsche Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitende in Kraft. Aber auch Unternehmen mit weniger Mitarbeitende betrifft das Gesetz, weil Anforderungen von Kunden steigen.
In diesem Artikel teile ich 3 Aktionen, die Unternehmen umsetzen können, um sich auf die zunehmenden Nachhaltigkeitsanforderungen vorzubereiten.
Um welche Themen handelt es sich im Gesetz?
Bevor ich einsteige, möchte ich zuerst die 10 Prinzipien nennen, um die es im LkSG geht. Ich habe manchmal das Gefühl, dass wir uns direkt auf Maßnahmen und Datensammlung stürzen, ohne uns die Zeit zu nehmen, die Themen wirklich zu verstehen. Hier sind die "geschützten Rechtspositionen", wie es im Gesetz heißt, aufgelistet, die es gilt einzuhalten:
1. Keine Kinderarbeit
2. Keine Zwangsarbeit inkl. Folter und brutale Behandlung durch Sicherheitskräfte
3. Kein unzureichender Gesundheits- und Arbeitsschutz
4. Keine eingeschränkte Vereinigungsfreiheit & Recht auf Kollektivverhandlungen
5. Keine Diskriminierung
6. Kein Vorenthalten eines angemessenen Lohns
7. Keine Umweltverschmutzung (Boden, Wasser, Luft)
8. Kein widerrechtlicher Entzug von Land
9. Keine Herstellung von Produkten aus Quecksilber
10. Keine Nutzung von persistent organischen Schadstoffen
In der CSR-Praxis werden diese Rechte oft als „Sozial- und Umweltstandards“ bezeichnet. Die Rechte haben gemeinsam, dass sie die Würde und die Sicherheit von Menschen schützen. In der Praxis werden viele dieser Rechte leider auch missachtet. Und Unternehmen müssen Ihr Bestes tun, um diese Missachtungen zu unterbinden.
Was also können Unternehmen konkret tun, um sich für Sozial- und Umweltstandards in Ihren Lieferketten einzusetzen? Hier beschreibe ich 3 Aktionen:
#1 Sich mit den 10 Prinzipien vertraut machen
Wie vorhin schon erwähnt, finde ich es wichtig, sich mit den Prinzipien, um die es geht, auseinanderzusetzen. Wir stürzen uns oftmals zu schnell in Maßnahmen, bevor wir uns Grundlagenwissen zu den Prinzipien angeeignet haben.
Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Angemessene Löhne sind sehr komplexe Themen. Bevor wir uns Gedanken machen, wie wir Kinderarbeit abstellen können, müssen wir ersteinmal Kinderarbeit im Detail verstehen:
Ab welchem Alter sprechen internationalen Richtlinien von einem Kind?
Welche Formen von Kinderarbeit gibt es? Sind alle Formen gleich schlimm einzustufen?
Gibt es Situationen, in denen Kinder arbeiten dürfen? (z.B. Zeitungen austragen in den Ferien)
Welche Bedingungen müssen für Jugendliche bei der Arbeit geschaffen werden, um sie in ihrer Entwicklung zu schützen?
Warum werden Kinder durch Kinderarbeit ausgebeutet?
Handelt es sich immer um Ausbeutung, wenn sich ein Kind in Kinderarbeit befindet?
Das sind alles Fragen, zu denen wir Wissen aufbauen müssen. Nur so sind wir auch in der Lage, passende Maßnahmen aufzusetzen. Bei ETIKA haben wir einen Onlinekurs entwickelt, der die Grundlagen zu diesen Prinzipien vermittelt. Weitere Informationen zu unserem Kurs finden Sie hier.
#2 Gespräch mit dem Lieferanten zu Nachhaltigkeit führen
Die zweite Aktion, die ich empfehle, ist es wenn immer möglich Nachhaltigkeit in Lieferantensgesprächen mit einzubringen. Dieser Punkt klingt vielleicht banal und einfach, wird jedoch oft vernachlässigt und hat meiner Meinung nach eine starke Wirkung. Wenn Einkäufer*innen Nachhaltigkeitsthemen bei Gesprächen oder Treffen vor Ort ansprechen, merken Lieferanten, dass Nachhaltigkeit ein wichtiges, ernstzunehmendes Thema ist.
Besonders wertvoll ist ein Gespräch über die oben genannten Prinzipien VOR der Zusammenarbeit. Mit wenigen, guten Fragen ist es möglich, einen Eindruck zu bekommen, wie der Lieferant in Bezug auf Nachhaltigkeit tickt und welche Einstellung er zur Einhaltung der Prinzipien hat.
Einige dieser wertvollen Fragen, die sie stellen können sind:
Wo wird produziert? In welchen Ländern und Regionen?
Wie ist die Lieferkette zusammengesetzt? Welche Akteure gibt es?
Welche Ware kann auch zertifiziert erworben werden? Wie sehen die Testresultate für Pestizide oder andere Chemikalien aus?
Gibt es eine Person beim Lieferanten, die für das Thema Nachhaltigkeit zuständig ist?
Wurde schon einmal ein Sozialaudit durchgeführt? Wie war das Resultat? Welche Abweichungen wurden möglicherweise festgestellt?
Welche Prinzipien sehen sie als schwer umzusetzen?
An den Antworten des Lieferanten merkt man schnell, ob sich mit den Prinzipien wirklich auseinandergesetzt wurde oder nicht. Und die Einstellung gegenüber Verbesserungen in der Zukunft.
#3 Status-Quo erfassen bei risikoreichen Lieferanten
Die letzte Aktion, die ich ansprechen möchte ist es, den Nachhaltigkeitsstatus beim Lieferanten zu ermitteln. Es ist wichtig, sich nicht nur zu den Prinzipien auszutauschen, sondern auch zu verifizieren, dass diese eingehalten werden. Dies ist nicht bei allen Lieferanten notwendig, aber es gibt Lieferanten, bei denen aufgrund von Produkt oder Land, in dem Sie produzieren, das Risiko hoch ist, dass einige der Prinzipien missachtet werden.
Bei welchen Lieferanten macht es also Sinn, den Status-Quo zu erfassen?
Wir empfehlen dazu eine Risikoanalyse durchzuführen. Dazu werden Informationen zum Lieferanten anhand Umfrage, Email oder IT-System gesammelt und zusammengetragen wie z.B.:
Wie ist die Lieferkette aufgebaut?
In welchen Regionen wird produziert?
Gibt es bestehende Zertifizierungen und Auditberichte
Gibt es Informationen zu Nachhaltigkeit in den Besuchsberichte?
Welchen Eindruck haben Mitarbeitende, die die Lieferanten gut kennen, von dem Lieferanten?
Diese Information kann schon Aufschluss darüber geben, wo das Risiko für Verletzungen am größten ist. Diese Daten können durch Informationen aus externen Quellen, wie z.B aus dem Risikotool von Sedex, der amfori BSCI Risikoklassifizierung und den CSR-Risiko-Check angereichert werden.
Mit diesen Informationen kann eine Ersteinschätzung erfolgen, bei welchen Lieferanten das Risiko für Verletzungen am größten ist.
Der nächste Schritt ist es dann, Informationen bei den identifizierten „Risikolieferanten“ direkt vor Ort zu erfassen. Nur dann bekommen wir ein reales Bild von der Situation vor Ort. Dies erfolgt oft über sogenannte Sozialaudits, bei denen Auditor*innen über einen Produktionsbesuch, Dokumentencheck und Gespräche mit Mitarbeitenden festhält, ob die Prinzipien eingehalten werden und wo es möglicherweise Lücken gibt.
Ein weiterer Weg, um den Status-Quo vor Ort zu erfassen, sind anonyme Mitarbeiterbefragungen. Dort werden Mitarbeitende per Anruf auf dem Handy oder SMS anonym befragt, wie sie die Arbeitsbedingungen einschätzen. Die Antworten werden aggregiert und dem Lieferanten und wenn so vereinbart dem einkaufenden Unternehmen zur Verfügung gestellt. Anbieter für diese Art von Datensammlung ist z.B. das Unternehmen &Wider.
Sobald der Status-Quo bei den „Risikolieferanten“ erhoben ist, können zusammen mit dem Lieferanten Maßnahmen zur Verbesserung aufgesetzt werden. Dazu werde ich ggf. einen neuen Post schreiben. :)
Ein Risikomanagementsystem aufzubauen ist ein langer Prozess
Ich hoffe, dass diese 3 Aktionen eine erste Richtlinie geben konnten, wie Unternehmen sich auf die steigenden Anforderungen durch das LkSG vorbereiten können.
Ein sogenanntes Risikomanagementsystem aufzubauen, in denen Risiken bzw. Verletzungen kontinuierlich erkannt und beendet oder minimiert werden ist ein langfristiger Lernprozess. Es ist jedoch wichtig zu starten und einen Schritt nach den anderen zu setzen.
Bei ETIKA haben wir das Ziel, die Umsetzung von Nachhaltigkeit für Unternehmen leichter zu machen. Dazu entwickeln wir stetig neue Ressourcen. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns zu den Resourcen Feedback da lassen.
Zu welcher Aktion wünschen Sie sich mehr Content? War der Artikel hilfreich? Ich freue mich auf Ihr/ Euer Feedback.
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